Wespen: Warum sie jetzt so früh aktiv sind
Warum Wespen schon im Frühsommer in Wohnungen fliegen? Die Gründe sind überraschend – und haben viel mit dem Wetter, dem Nestbau und uns selbst zu tun.

Kaum zeigt sich die Frühlingssonne, fliegen auch die ersten Insekten durch die Luft. So sieht man im Garten die ersten Käfer, Hummeln und auch Wespen. Vor allem letztere sorgen nicht selten für Unruhe in unseren Wohnräumen. Manche Menschen wundern sich, dass die Wespen immer früher aktiv werden und hätten sie im Frühjahr noch gar nicht erwartet. Doch tatsächlich beginnt das Wespenjahr deutlich früher, als die meisten denken. Vor allem die ersten warmen Tage im Frühsommer können dafür sorgen, dass sich Wespen in Haus oder Wohnung verirren. Doch woran liegt das? Und warum scheinen sie aktuell besonders oft aufzutauchen?
Nehmen wir das Verhalten unter die Lupe! Los geht's ...

#1 Die ersten warmen Tage wecken die Königinnen
Wenn die Temperaturen im Frühling zum ersten Mal dauerhaft über zehn Grad steigen, erwachen die überwinternden Wespenköniginnen aus ihrer Winterstarre. Sie haben die kalte Jahreszeit meist gut versteckt in Holzspalten, Dachböden oder alten Baumhöhlen überlebt – oft auch ganz in der Nähe von menschlichen Wohnräumen. Sobald es wärmer wird, machen sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Platz für ein neues Nest. Dabei durchkämmen sie Gärten, Terrassen und manchmal eben auch Wohnungen. Fenster und Türen, die für Frischluft sorgen sollen, werden dann schnell zur versehentlichen Einladung.
Doch warum suchen sich Wespen scheinbar gezielt den Weg nach drinnen ...

#2 Fenster und Türen stehen jetzt öfter offen
Im April und Mai genießen viele die ersten warmen Tage bei weit geöffneten Fenstern oder Balkontüren. Frühlingsluft soll ins Haus – doch genau das nutzen Wespen aus. Auf ihrer Suche nach einem geeigneten Nestplatz oder Nahrung fliegen sie durch die offene Lücke direkt in die Wohnung. Gerade ältere Fenster ohne Insektenschutz bieten dabei keine Barriere. Da Wespen neugierig und aktiv sind, erkunden sie neue Umgebungen schnell und gründlich. Besonders helle Räume oder der Duft nach Essen oder Süßem können sie zusätzlich anlocken.
Doch nicht nur Fenster machen es Wespen leicht, in Innenräume zu gelangen ...

#3 Rollokästen sind ideale Brutplätze
Rollokästen bieten Wespen perfekte Bedingungen für den Nestbau: Sie sind dunkel, geschützt und meistens ungestört. Besonders im Frühling, wenn die Königinnen noch alleine unterwegs sind, suchen sie nach genau solchen Orten. Wird der Kasten tagsüber durch die Sonne erwärmt, entsteht ein angenehmes Mikroklima. Viele bemerken erst später, dass sich dort ein Nest befindet – oft erst, wenn es bereits deutlich gewachsen ist. Im April allerdings befinden sich die Wespen noch in der Anfangsphase und lassen sich vergleichsweise leicht umsiedeln.
Was aber treibt die Tiere überhaupt dazu, ausgerechnet in der Nähe von Menschen zu nisten ...

#4 Nähe zum Menschen bedeutet Futter
Wespen profitieren in vielerlei Hinsicht von der Nähe zum Menschen – vor allem in Sachen Nahrung. Bereits im Frühling können herumliegende Essensreste, offene Getränkedosen oder der Müll in der Küche ein attraktiver Anziehungspunkt sein. Auch süße Düfte, etwa von Obst oder Blumen auf dem Tisch, wirken wie ein Magnet. Weil es draußen noch nicht viele natürliche Nahrungsquellen gibt, nehmen Wespen gerne mit dem vorlieb, was sie in Innenräumen finden. Viele Menschen unterschätzen, wie sensibel Wespen auf Gerüche reagieren, doch ein einzelnes Stück Obst kann schon ausreichen, um sie anzulocken.
Und auch das Wetter spielt eine entscheidende Rolle bei der frühen Wespenaktivität ...

#5 Mildere Winter sorgen für höhere Überlebensraten
Die Winter der letzten Jahre waren oft mild, mit wenigen Frosttagen und kaum langanhaltender Kälte oder Schnee. Für Wespenköniginnen bedeutet das bessere Überlebenschancen. Während in strengen Wintern viele Königinnen erfrieren, überleben in milden Jahren deutlich mehr Tiere. Das führt dazu, dass im Frühling mehr Wespen auf der Suche nach einem neuen Zuhause unterwegs sind. Die Wahrscheinlichkeit, einer zu begegnen, steigt dadurch natürlich ebenfalls. Ein wärmeres Klima führt langfristig dazu, dass sich die Saison der Wespen deutlich verlängert – ein Trend, der sich bereits abzeichnet.
Doch auch unsere moderne Bauweise spielt den Wespen in die Karten ...

#6 Moderne Häuser bieten viele Schlupfwinkel
Zwischen Dachziegeln, in Lüftungsschächten oder hinter Fassadenverkleidungen, moderne Gebäude bieten unzählige Verstecke für Wespen. Auch Neubauten sind nicht immer perfekt abgedichtet. Sobald ein Spalt offen bleibt, kann das bereits eine potenzielle Nestmöglichkeit sein. Die Tiere nutzen jede Gelegenheit, um geschützt und ungestört ein Nest aufzubauen und das eben manchmal nur wenige Zentimeter neben dem Wohnbereich. Gerade in dicht bebauten Wohngebieten finden Wespen durch zahlreiche bauliche Lücken schnell Zugang zu passenden Nistplätzen.
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Tiere selbst – und ihre Suche nach einem neuen Volk ...

#7 Im Frühling startet der Nestbau
April ist die Zeit des Neubeginns, nicht nur für uns Menschen und die Blumen im Garten, sondern auch für Wespen. Die Königinnen gründen nun ein neues Volk. Dafür brauchen sie einen sicheren Ort und viel Baumaterial. Sie fliegen deshalb besonders häufig umher, untersuchen potenzielle Nistplätze und kehren immer wieder an Orte zurück. Wenn sich ein Platz als geeignet erweist, beginnt der Nestbau – meist aus einer papierartigen Masse, die sie aus zerkautem Holz und Speichel herstellen. Je früher die Königin mit dem Nestbau beginnt, desto größer und aktiver kann das spätere Volk im Sommer werden.
Manchmal steckt hinter dem Wespenbesuch im Haus aber gar keine Nistabsicht ...

#8 Wespen verfliegen sich schlichtweg
Nicht jeder Wespenbesuch in der Wohnung bedeutet gleich ein Nestbauprojekt. Oft verfliegen sich die Tiere einfach. Sie folgen Gerüchen, Lichtquellen oder Windzügen und landen dann versehentlich im Wohnzimmer oder in der Küche. Besonders an trüben Tagen oder bei schlechter Orientierung finden sie nicht mehr von allein heraus. Dann schwirren sie hektisch durchs Zimmer. Das kann schonmal für Panik sorgen, ist aber harmlos solange man die Wespen nicht zusätzlich reizt. Am besten das Fenster öffnen und außen auf das Fensterbrett, sofern möglich, etwas Süßes legen, das lockt das Tier nach draußen.
Ein oft unterschätzter Grund hängt direkt mit dem Lebenszyklus der Tiere zusammen ...

#9 Nur die Königin überlebt den Winter
Viele wissen gar nicht, dass im Herbst fast das gesamte Wespenvolk stirbt – bis auf die Königin. Diese sucht sich einen geschützten Ort zum Überwintern und startet im Frühling komplett neu. Das bedeutet aber auch: Alle Wespen, die du im April siehst, sind Überlebende, die bereit sind, ein neues Volk zu gründen. Ihr Verhalten wirkt daher besonders zielgerichtet und aktiv. Sie folgen ihrem natürlichen Instinkt, bevor andere Tiere überhaupt richtig wach sind.
Zum Schluss ein Grund, der nichts mit der Natur zu tun hat, aber trotzdem oft übersehen wird ...

#10 Menschliche Aktivität stört natürliche Abläufe
Durch unsere Lebensweise greifen wir unbewusst in den natürlichen Rhythmus vieler Tierarten ein, so auch bei Wespen. Wärme aus Häusern, künstliches Licht, Müll und Essensreste sorgen dafür, dass sich die Tiere früher und näher an uns und unsere Wohnräume heran bewegen. Auch wenn der April für Wespen früher ungewöhnlich war, haben sie sich längst angepasst. Wir schaffen Lebensräume – meist unbeabsichtigt – und fördern so ihre frühe Aktivität. Allgemein durch die milden Winter und die deutlich wärmeren April-Monate der letzten Jahre, werden die Insekten aktiv.